segunda-feira, 14 de julho de 2014

Frontal21: Besatzungsmacht FIFA!


von  am 25. Juni 2014 in PressefreiheitWirtschaft
Frontal21:
Besatzungsmacht FIFA!








Fünf Milliarden Dollar wird die FIFA voraussichtlich mit der WM in Brasilien einnehmen. Und keinen Cent Steuern im Gastgeberland zahlen. Stattdessen gibt es Knebelverträge, Sondergesetze wie Streikverbot und Repressionen gegen Protestierende. Viele Brasilianer befürchten, dass sie die millionenschweren Verlierer der WM werden, egal wie das Turnier für sie ausgeht. – Ähnlich wie es Südafrika 2010 erging. In Rio de Janeiro formiert sich Widerstand. Frontal21 über das fehlende Fair Play bei der FIFA.

Ein Angebot, das wir nicht ablehnen können?
Alle vier Jahre macht uns die FIFA ein Angebot, das wir nicht ablehnen können: Sie organisiert uns die Fußball-Weltmeisterschaft. Die gucken wir alle – und verschaffen damit einem Verein Milliarden, der dem Gesetz nach nicht gewinnorientiert und gemeinnützig ist – und deshalb steuerlich begünstigt. FIFA-Boss Sepp Blatter sieht sich auch lieber als Weltverbesserer denn als Chef eines korrupten Clans. Doch an den Austragungsorten der WM läuft alles wie geschmiert – und trotzdem gar nicht rund. Unsere Autoren berichten über Gewinner und Verlierer im FIFA-Milliardenspiel.

Die FIFA hat das Sagen
Rio de Janeiro: Seit einem Jahr demonstrieren sie hier regelmäßig – gegen die elf Milliarden Euro teure WM und gegen den Weltfußballverband FIFA, den sie als Besatzungsmacht empfinden.
Francisco Brito, Anti-FIFA-Demonstrant: “Für wen hält sich die FIFA eigentlich? Sie kommt her und sagt, was man darf und was nicht. Muss ich jetzt me inen Reisepass vorzeigen, am Maracana-Stadion, weil die FIFA das Sagen hat?”
Auch die Studentin Anaterra und ihr Freund Felipe protestieren gegen die Fußball-Weltmeisterschaft in ihrem Land, obwohl beide den Fußball leidenschaftlich lieben – aber nicht diese Fußball-WM. 
Anaterra Oliveira, Studentin: “Die Regierung hätte das Geld viel sinnvoller verwenden können. Wir brauchen ein besseres Gesundheits- und Bildungssystem und keine WM. In Brasilien geht es immer nur um Fußball. Wir lieben Fußball, aber wir brauchen andere Dinge wie Bildung viel dringender.

Sondergesetze, Streikverbot, Repression
Zürich: Hier residiert die FIFA in einer der teuers ten Metropolen der Welt. Die Geschäfte laufen glänzend. Fünf Milliarden Dollar – so die Prognosen – wird der Weltfußballverband mit der WM in Brasilien einnehmen. In Zürich treffen wir Eva Geel von „Solidar Schweiz “ – einem Hilfswerk, das die FIFA-Politik scharf kritisiert.
Eva Geel, Schweizerisches Arbeiterhilfswerk Solidar Suisse: “Wir bewerten das eigentlich, wie wenn die FIFA eine fremde Macht wäre, die jetzt nach Brasilien kommt und dort Knebelverträge durchdrückt. Wenn ein Land, die WM austragen will, und das ist bei Brasilien auch so, dann muss es ganz strenge Verträge unterschreiben. Und dazu gehören Sondergesetze. In diesen Sondergesetzen sind zum Beispiel ein Streikverbot kurz vor der WM drin, sind ganz starke Sicherheitsauflagen drin und Repression gegen protestierende Bürger und Bürgerinnen.”
“Wir müssen zwei bis drei Kilometer Abstand halten”
Seit 30 Jahren arbeitet Dailton Soares – genannt Dada – als Straßenverkäufer in Rio de Janeiro. Bis vor einem Jahr konnte er seine Getränke und Snacks bei jedem brasilianischen Ligaspiel direkt vor dem berühmten Maracana Stadion verkaufen. Das darf er jetzt nicht mehr. Vor einem Jahr hat ihm das die FIFA verboten, wie tausenden anderen Straßenverkäufern in ganz Brasilien.
Dailton Soares, Straßenverkäufer: “Eine Schweinerei, eine echte Schweinerei. Sie verbieten uns Straßenhändlern nicht nur den Verkauf. Sie verbieten uns auch, überhaupt in die Nähe des Maracana Stadions zu kommen. Wir müssen zwei bis drei Kilometer Abstand halten. Das ist doch verrückt.”
Jetzt dürfen im und am Stadion nur noch von der FIFA autorisierte Händler lizensierte Produkte verkaufen. Die FIFA erklärt uns das mit „Sicherheitsgründen“. Auf ihrer offiziellen Getränkekarte finden sich nur noch die Sponsoren der WM, regionale aber auch internationale. Für Dada und seinen Stand ist hier kein Platz mehr. Die WM ist für ihn jetzt schon eine Enttäuschung. “Mir ist wichtig, dass ich arbeiten kann. Dass Lehrer und Ärzte gut bezahlt werden. Wie es mit der Bildung weitergeht. Das alles macht mir mehr Sorgen”, so Dada.

Glänzende Geschäfte, uneingeschränkte Freiheiten
Dada gehört zu den Verlierern der WM. Für die FIFA dagegen ist sie ein glänzendes Geschäft. Denn sie verlangt von Austragungsländern Steuerfreiheit – für sich und die Sponsoren. Und das über viele Jahre. Ein Skandal, sagt Hans Kogels, Professor für Steuer recht in den Niederlanden:
“Die FIFA möchte für sich und ihre Sponsoren, wie sie selbst sagt, uneingeschränkte Freiheiten. Das heißt: eine Befreiung von jeglicher möglichen Art der Besteuerung. Und zwar vom Zeitpunkt der WM-Vergabe an. Bis zum Abschluss des jeweiligen Turniers. Egal wo die WM stattfindet, keine Steuern.”
Wir fragen bei der FIFA nach. Schriftlich teilt man uns mit, Zitat: [Die] „FIFA unterliegt hinsichtlich sämtlicher von FIFA erwirtschafteter Gewinne der Besteuerung in der Schweiz.“ Und weiter heißt es: „Aufgrund der statuarischen Aufgabe … wäre eine Besteuerung in jedem einzelnen Ausrichtungsland organisatorisch nicht darstellbar…“
Dazu Eva Geel vom Schweizerischen Arbeiterhilfswerk Solidar Suisse: “Das ist natürlich ein Skandal. Und sie weigern sich aber in Brasilien Steuern zu zahlen und sagen: Ja, wir bezahlen ja in der Schweiz Steuern. Dazu muss man einfach wissen, in der Schweiz ist die FIFA auf Bundesebene steuerbefreit – zahlt also keine Steuern. Und auf Kantonsebene zahlt sie gerade mal die Hälfte der Steuern, die ein normales Unternehmen zahlen würde, weil sie ein Verein ist. Und als Verein zahlt man nur vier Prozent statt acht Prozent Gewinnsteuer.”

FIFA wird besteuert wie ein kleiner Jodelverein
Die FIFA wird in der Schweiz also wie ein kleiner Jodelverein besteuert. Das lohnt sich für den Weltfußballverband. 2013 zahlte die FIFA rund 17 Millionen Dollar Steuern – bei einem Gesamtertrag von 1386 Millionen Dollar, also fast 1,4 Milliarden, so der aktuelle Finanzbericht. Auch bei der WM 2010 zahlte die FIFA in Südafrika keine Steuern. Nahm aber über drei Milliarden Euro ein. Für Südafrika blieben Schulden und unrentable Fußballtempel. Wie in Mbombela im Osten des Landes. Das WM-Stadion kostete 100 Millionen Euro, erlebte jedoch nur vier WM-Spiele.

WM-Altlasten in Südafrika
Die Einnahmen aus Rugby- und Fußballspielen, die jetzt im Stadion stattfinden, decken bei weitem nicht die Kosten. Die Stadt subventioniert den Stadion-Unterhalt mit umgerechnet 70.000 Euro im Monat. Während hier der Rasen regelmäßig gewässert wird, gibt es im benachbarten Township Mataffin bis heute kein fließendes Wasser. Ein- bis zweimal die Woche kommt der Tankwagen mit Trinkwasser.
Iman Milanzi hatte die Hoffnung, dass alles besser werden würde. Er hatte einen Job, als das Stadion gebaut wurde. Doch seitdem ist er arbeitslos, wie so viele im Township, ohne jede Perspektive. Die Versprechen, dass die WM Verbesserungen bringen würde, erwiesen sich als Trugschluss.
Iman Milanzi: “Es ist schmerzhaft, jeden Tag das Stadion zu sehen. Es erinnert mich an das Schlechte in dieser Welt. So viel wurde uns versprochen, fließend Wasser, nichts wurde gehalten. Das Stadion steht für Verrat und für Lügen.”

Zwei Milliarden Euro Verluste – doch FIFA steigert Einnahmen um 50 Prozent
Die WM kostete Südafrika umgerechnet vier Milliarden Euro. Statt eines erhofften Gewinns blieben für das Land Verluste von zwei Milliarden Euro. Die FIFA jedoch steigerte ihre Einnahmen im Vergleich zur WM 2006 um 50 Prozent – nahezu steuerfrei.
Und gleichzeitig steigen die Bezüge für die führend en FIFA-Funktionäre seit Jahren. Von 13,9 auf 36,3 Millionen Dollar. Gewinner sind die FIFA und die Sponsoren. Die Bevölkerung hat nichts von der WM. Und deshalb gibt es immer mehr Widerstand wie derzeit in Brasilien – mit möglichen Konsequenzen für künftige Vergaben der WM.
Eva Geel, Schweizerisches Arbeiterhilfswerk Solidar Suisse: “Das ist natürlich schon die Tendenz, die wir beobachten und die uns auch sehr besorgt, dass solche Sportereignisse vor allem in undemokratische Staaten vergeben werden. Weil nur dort können diese harten Auflagen noch gegen den Widerstand der Bevölkerung überhaupt durchgedrückt werden.”
Wir fragen den Deutschen Fußball-Bund: Wie steht er zu den Protesten in Brasilien, zur Steuerbefreiung der FIFA? Die Antwort: kein Interview für Frontal21. Nächste Woche treffen sich in São Paulo die 209 Mitgliedsverbände zum FIFA-Kongress. Hauptthema: Reformen – und der Kampf gegen Korruption. Das Thema ist brand aktuell. Und mit Sicherheit gibt es viele Diskussion um die WM-Vergabe an Katar vor vier Jahren.

“Kultur der Korruption!”
Im Mittelpunkt: Mohamed Bin Hammam, Ex-FIFA-Vizepräsident aus Katar. Er soll Millionen an verschiedene FIFA-Offizielle gezahlt haben, um die WM 2022 in den Wüstenstaat zu holen. Der englische Fußballverband fordert jetzt wiederholt eine Neuvergabe der WM 2022. Der ehemalige Chef des Verbandes, Lord David Triesman, lässt an der FIFA kein gutes Haar:
“In der FIFA herrscht die Kultur der Korruption. Die Realität ist: Bevor nicht alle alten Herren, die die FIFA seit Jahren und Jahrzehnten führen, gehen – und ich meine alle – gibt es keine Neuausrichtung. Es sieht so aus, als würde Sepp Blatter noch weiter regieren wollen, er wird ankündigen, für Veränderungen zu sorgen. Ich sage: Das haben wir so oft gehört. Ich glaube nicht daran, dass sich jemals etwas ändert innerhalb der FIFA.”

Sepp Blatter als Chef eines Verbrechersyndikats?
Seit 20 Jahren ist der BBC-Journalist Andrew Jennings der Korruption im Weltfußballverband auf der Spur. Der weltweit anerkannte FIFA-Kritiker findet klare Worte:
“Die FIFA ist ein Verbrechersyndikat. Geld wird verteilt, ein paar WM–Tickets und so, und die Loyalität wird immer größer. Sie müssen verstehen warum! Blatter bleibt an der Macht, auch durch die Leute, die nachweislich Schmiergelder genommen haben, aber nicht von ihm bestraft werden. Deswegen halten sie ihn für den besten Präsidenten, den sie jemals hatten.”
Jahrelang schwieg die FIFA zu Korruption. “Warum auch beichten, wenn man nichts bereut?” – fragt nicht Sepp Blatter, sondern Don Corleone im Film „Der Pate 2“.

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