Freitag, 24. Februar 2012
Sao Paulo – Brasiliens öffentliches Gesundheitssystem hat mit monatelangeb Wartezeiten, maroden Krankenhäusern und fehlendem Personal zu kämpfen. Jetzt will die Regierung von Präsidentin Dilma Rousseff auch noch umgerechnet 2,4 Milliarden Euro Haushaltsgelder für die Gesundheit streichen. Unter Bürgern breitet sich Unmut aus. Ein Volksbegehren über die Neuregelung der öffentlichen Finanzierung des Gesundheitswesens droht.
Zwar habe es in den letzten Jahrzehnten einige wichtige und spürbare Fortschritte im öffentlichen Gesundheitssystem gegeben, betont der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Leonardo Steiner. Trotzdem müsse man sagen, dass es um das öffentliche Gesundheitssystem „nicht gut“ stehe.
Die angekündigten Haushaltskürzungen der Regierung würden Hoffnungen der Bevölkerung enttäuschen, so Steiner. Der Generalsekretär bezieht sich auf einen Verfassungszusatz mit der Nummer 29, der seit mehr als einem Jahrzehnt durch die Diskussion über die staatliche Finanzierung der Gesundheit geistert. Er soll den Beitrag der Regierung sowie dessen jährliche Steigerungen festlegen. Mitte Januar hatte Rousseff einer Neuregelung zugestimmt, dabei aber viele ursprüngliche Ideen des Verfassungszusatzes 29 gekappt.
Rousseff will sich nicht auf konkrete Haushaltszahlen für die Gesundheit festlegen lassen. Dabei existieren diese schon lange für Kommunen und Länder. Zwölf Prozent aller Steuereinnahmen müssen die Länder in das Gesundheitssystem investieren, die Kommunen sogar 15 Prozent. Für den Bundeszuschuss verlangen Nichtregierungsorganisationen aus dem Gesundheitssektor, Ärzteverbände und Brasiliens Anwaltskammer eine Festschreibung auf zehn Prozent aller Steuereinnahmen. Dafür wollen sie jetzt Unterschriften sammeln. Mindestens 1,5 Millionen Bürger müssten ihre Unterstützung erklären, um eine entsprechende Gesetzesinitiative in den Kongress einbringen zu können.
Kritik kommt auch vom Regierungsorgan „Conselho Nacional de Saude“, das für die Verwaltung des öffentlichen Gesundheitssystems zuständig ist. Es fordert die Präsidentin in einem öffentlichen Schreiben auf, ihre Ende 2010 gemachten Wahlversprechen einzulösen und den Gesundheitsbereich zur Priorität zu erklären. Man sei entsetzt darüber, dass die Regierung etwa 288,5 Milliarden Euro des Haushaltes 2012 für die Refinanzierung von Schulden zahle – etwa neun Mal so viel wie für das Gesundheitssystem.
Gesundheitsminister Alexandre Padilha wies die Kritik zurück. Immerhin enthielten die bewilligten 31,7 Milliarden Euro eine Steigerung von 17 Prozent gegenüber 2011. „2012 werden wir das größte Gesundheits-Budget aller Zeiten haben“, so der Minister. Nun müsse man mit den vorhandenen Mitteln etwas bewirken. Ähnliches haben sich auch die Bürgerinitiativen vorgenommen, die in diesen Tagen ihre Unterschriftensammlung für ihr Volksbegehren starten. Möglicherweise steht es künftig nicht mehr nur schlecht um die Gesundheit, sondern auch um Dilma Rousseff. © kna/aerzteblatt.de
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